Bastogne, Dezember 1944
Im Dezember 1944 startete die deutsche Wehrmacht ihre letzte große Offensive im Westen: die Ardennenoffensive. Ziel war es, die alliierten Linien zu durchbrechen, Antwerpen zu erreichen und den Krieg im Westen zu wenden. Ein entscheidender Punkt auf diesem Vorstoß war die belgische Kleinstadt Bastogne – weniger wegen ihrer Größe als wegen ihrer strategischen Bedeutung. Sie war ein zentraler Straßenknotenpunkt, unverzichtbar für jede größere Bewegung von Truppen und Nachschub.
Die amerikanische 101. Luftlandedivision – gemeinsam mit Teilen anderer Einheiten – wurde eilig in das Gebiet verlegt. Was folgte, war eine vollständige Einschließung. Deutsche Verbände umzingelten Bastogne, die amerikanischen Truppen saßen fest:
kaum Munition, kaum Verpflegung, kaum medizinisches Material – und Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt.
Am 22. Dezember 1944 näherten sich deutsche Offiziere unter weißer Flagge den amerikanischen Linien. Sie überbrachten ein formelles Schreiben: ein Angebot zur „ehrenvollen Kapitulation“. Die Botschaft war klar – Widerstand sei aussichtslos, weiteres Blutvergießen unnötig.
Das Schreiben wurde General Anthony C. McAuliffe, dem stellvertretenden Divisionskommandeur der 101. Luftlandedivision, vorgelegt. McAuliffe las den Text – und reagierte zunächst mit einem spontanen Ausruf:
„Nuts!“
Dieses Wort war keine ausgefeilte rhetorische Formulierung, keine vorbereitete Kampfansage. Es war Ausdruck von Unglauben, Trotz und Entschlossenheit zugleich. Als seine Offiziere nachfragten, ob dies tatsächlich die offizielle Antwort sein solle, nickte McAuliffe.
Das Wort wurde auf einen Zettel geschrieben und den deutschen Parlamentären übergeben.
Die Deutschen waren irritiert. Sie baten um eine Erklärung.
Die amerikanischen Begleiter übersetzten sinngemäß:
„Es bedeutet, dass der amerikanische Kommandeur Ihre Forderung ablehnt.
Er meint, Sie sollen zur Hölle fahren.“
Für die eingeschlossenen amerikanischen Soldaten war „Nuts!“ ein moralischer Wendepunkt. In einer Situation, in der militärisch vieles gegen sie sprach, wurde dieses eine Wort zum Symbol des Widerstands. Es sagte: Wir kapitulieren nicht. Nicht hier. Nicht jetzt.
Für die deutsche Seite war es ein klares Signal: Bastogne würde nicht kampflos fallen.
In den folgenden Tagen hielten die Verteidiger ihre Stellungen unter schwerstem Artilleriefeuer und wiederholten Angriffen. Verwundete lagen in überfüllten Verbandsplätzen, Munition wurde rationiert, Nahrung fiel vom Himmel – sofern das Wetter es zuließ.
Am 26. Dezember 1944 erreichten Vorausverbände der 3. US-Armee unter General George S. Patton Bastogne und durchbrachen den deutschen Ring. Die Stadt war gehalten worden.
„Nuts!“ ging in die Geschichte ein – nicht als große Rede, sondern als authentischer Ausdruck soldatischer Haltung unter extremem Druck.
Heute steht „Nuts!“ für mehr als eine Episode der Ardennenoffensive.
Es steht für:
Standhaftigkeit in aussichtsloser Lage
Führung unter Druck
die Bedeutung moralischer Stärke im Krieg
Gerade weil es kein Pathos war, sondern ein spontaner, beinahe lakonischer Ausruf, wirkt es bis heute nach. In der militärischen Erinnerungskultur ist „Nuts!“ zu einem Sinnbild geworden – für den Moment, in dem Menschen entschieden, nicht nachzugeben.
Und vielleicht liegt genau darin seine Kraft.