Im Zentrum von Mesa Verde steht die Kultur der Ancestral Puebloans (früher oft „Anasazi“ genannt). Ihre Präsenz in der Region lässt sich grob von etwa 600 bis 1300 n. Chr. fassen, mit einer stetigen Entwicklung von frühen Grubenhäusern und kleineren Siedlungen bis zu komplexen Dörfern aus Stein. Besonders berühmt sind die sogenannten Cliff Dwellings: mehrstöckige Wohn- und Speicherkomplexe, die in natürliche Felsnischen hineingebaut wurden. Diese Anlagen wirken wie in den Stein „eingesetzt“ – geschützt vor Wetter, gut zu verteidigen, im Winter relativ mild und im Sommer vergleichsweise kühl.
Die Ancestral Puebloans waren die Vorfahren heutiger Pueblo-Völker im Südwesten der USA. Die Felsbehausungen von Mesa Verde sind in der Spätphase entstanden: ungefähr zwischen 1190 und 1270 n. Chr. In dieser Zeit verlagerten viele Gemeinschaften ihre Wohnorte von der Hochfläche zunehmend in geschützte Felsnischen der Canyons.
Diese Siedlungen sind keine improvisierten Verstecke, sondern planvoll angelegte Dörfer. Sie bestehen aus mehrstöckigen Räumen aus sorgfältig gesetztem Sandsteinmauerwerk, ergänzt durch Holzdecken (aus Balken) und verputzte Innenflächen. Funktional unterscheiden sich Wohnräume, Vorratsräume und Arbeitsbereiche; Türöffnungen, kleine Nischen, Lüftungsöffnungen und teilweise komplexe Zugänge über Leitern und Tritte. Typisch sind außerdem Kivas: meist runde, teils eingetiefte Räume, die in der Forschung überwiegend als zeremonielle und gemeinschaftliche Orte interpretiert werden.
Die Ernährung beruhte auf Landwirtschaft in einer herausfordernden Umwelt. Grundpfeiler waren Mais, Bohnen und Kürbis; ergänzt wurde das durch Jagd (unter anderem auf Hirsche) und das Sammeln von Wildpflanzen.
Warum die Felsdörfer um das späte 13. Jahrhundert aufgegeben wurden, lässt sich nicht auf einen einzigen Grund reduzieren. Wahrscheinlich wirkten ein Bündel von Faktoren zusammen: längere Dürrephasen und Klimaschwankungen, sinkende Erträge, steigender Ressourcen- und Holzbedarf, mögliche Konflikte oder soziale Spannungen sowie Veränderungen in Handels- und Bündnissystemen. Entscheidend ist: Das „Verschwinden“ war kein abruptes Auslöschen, sondern eine Migration. Viele Gruppen zogen in Regionen südlich und östlich weiter, wo sich größere Pueblo-Gemeinschaften stabiler entwickeln konnten. In diesem Sinn ist Mesa Verde kein Endpunkt, sondern ein Kapitel einer fortlaufenden Geschichte.
Im späten 19. Jahrhundert kamen viele dieser Stätten unter Druck: Plünderungen, Souvenirjagd und unkontrollierte Ausgrabungen waren verbreitet. Gerade diese Bedrohung war ein zentraler Grund dafür, dass das Gebiet 1906 als Nationalpark unter Schutz gestellt wurde.
Der Respekt für die Geschichte der Epochen beginnt praktisch: auf Wegen bleiben, nichts anfassen, nichts mitnehmen, keine Steine „umdrehen“, keine Strukturen betreten, die nicht freigegeben sind – die Atmosphäre entsteht aus Stille, nicht aus Inszenierung. Viele unserer Autoren recherchieren vor Ort und haben eine ausgezeichnete Fachkenntnis, wenn es um „ihr“ Genre geht.
Mesa Verde ist nicht nur Archäologie, sondern Teil der Herkunftserzählungen lebender Pueblo-Völker. Die Felswohnungen zeigen, wie komplex Gesellschaften ohne moderne Infrastruktur sein können: mit Planung, Ritual, Vorratswirtschaft, Anpassung an Umweltgrenzen und einem Bauwesen, das bis heute beeindruckt.