So waren es die Amerikaner, die das erste Atom-U-Boot in Dienst stellen konnten. Am 21. Januar 1955 setzte sich die USS Nautilus erstmals mit Hilfe des nuklearen Brennstoffs
ihres Reaktors in Bewegung. Nach ausgiebigen Tests und Erprobungen erreichte das U-Boot als erstes Schiff am 4. August 1958 den geographischen Nordpol. Diese Fahrt hatte große Auswirkungen auf die nun geltende Strategie der gegenseitigen nuklearen Abschreckung, weil die USA damit demonstriert hatten, dass sie in der Lage waren, die Trägersysteme von Atomwaffen bis an die Türschwelle der Sowjetunion zu bringen. Die Vorwarnzeit – also die Zeit, in der ein Angriff erkannt und darauf reagiert werden konnte – sank damit für Moskau erheblich.
U-Boote als Raketenabschussbasis
So griff man ein weiteres Konzept der Deutschen aus dem Weltkrieg auf: die Bewaffnung eines U-Bootes mit Raketen. Deutschland hatte während des 2. Weltkriegs Versuche durchgeführt, Raketenwerfer auf Deck eines U-Bootes zu platzieren. Diese Tests waren jedoch wegen der geringen Reichweite der verwendeten Raketen nicht besonders erfolgreich verlaufen. Gegen Kriegsende stellte man dann Überlegungen an, die Rakete A-4 (auch bekannt als V-2) in einem wasserdichten Container von einem U-Boot bis vor die US-Küste schleppen zu lassen und von dort aus abzufeuern. Zum Glück scheiterten diese Pläne am Kriegsende.
Doch nun, im Kalten Krieg, sah man in einem mit Raketen bewaffneten U-Boot einen erheblichen Vorteil. Ausgestattet mit weit reichenden Raketen und Atomantrieb konnte ein solches U-Boot lange Zeit in den Weiten des Ozeans getaucht bleiben. Es war wirklich das ultimative Abschreckungsmittel. Und so baute man eine Reihe von mit Raketen bewaffneten U-Booten. Einige trugen modifizierte deutsche Flugkörper Fi 103 (V-1) mit Atomsprengkopf, doch das Konzept bewährte sich in der Praxis nicht, da die U-Boote ihre Raketen an der Oberfläche abfeuern mussten und dadurch während der Abschussvorbereitungen zu verwundbar waren.
Nukleare Abschreckung durch Raketen-U-Boote
So konstruierte man größere U-Boote, die mit ballistischen Flugkörpern und Atomwaffen bestückt werden konnten: die sogenannten Raketen-U-Boote (SSBN oder „Boomer“). 1960 stellten die USA die ersten auf diese Weise ausgestatteten Boote in Dienst und die Antwort der Sowjetunion ließ nicht lange auf sich warten, denn sie präsentierte kurz darauf die „Hotel“-Klasse. Jene U-Boote waren mit drei Raketen bestückt, die alle eine Nuklearladung trugen, welche weit größer war als die Bombe von Hiroshima.
In der Endphase des Kalten Krieges war das SSBN eine schreckliche Waffe geworden: Große, kaum zu ortende U-Boote durchstreiften die Weltmeere; jedes von trug bis zu 16 ballistische Raketen mit Mehrfachsprengköpfen und der Fähigkeit, ganze Städte auszuradieren.
Atom-U-Boote heute
Neben den USA und Russland unterhalten heute noch England, Frankreich und China eine Flotte von SSBNs, um über ein ausreichendes Abschreckungspotenzial zu verfügen. Solche U-Boote operieren zumeist auf sich gestellt irgendwo in den Weltmeeren. Dort sind sie gut geschützt und kaum aufzuspüren und auch ihre Besatzungen sind „stumm“, soll heißen, sie sprechen nicht über ihren Dienst an Bord der strategischen Boote.
Fast drei Jahrzehnte lang spielten die U-Boote der NATO und des Warschauer Pakts in den Tiefen der Ozeane Katz und Maus miteinander – oder „Cowboy und Russe“, wie man es auch nannte.
Diese gefährlichen „Spiele“ brachten jedoch auch das moderne atomgetriebene Jagd-U-Boot hervor, die gefährlichsten Jäger, die je die Weltmeere unsicher gemacht haben.
Bewaffnet mit zielsuchenden Torpedos und später auch mit Lenkwaffen zur Schiffsbekämpfung, z.B. Harpoon oder Exocet, später auch mit Marschflugkörpern gegen Landziele, z.B. Tomahawk, waren diese U-Boote nicht für ihre Gegenstücke, sondern auch für gegnerische Überwasserschiffe und Einrichtungen an Land eine sehr große Bedrohung.
In einigen Seestreitkräften war man der Ansicht, dass es mit der Einführung des Atom-U-Bootes keine Verwendung mehr für konventionelle Boote geben würde – so setzten die USA ganz auf U-Boote mit Atomantrieb, während andere Marinen auch weiterhin am Diesel-U-Boot festhalten. Gerade für kleine Seestreitkräfte sind die letztgenannten U-Boote jedoch weiterhin wegen ihrer relativ günstigen Anschaffungs- und Unterhaltskosten äußerst attraktiv. Am Beispiel der deutschen U-Boot-Klasse 212A kann man klar erkennen, dass auch diese Typen aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen eine Daseinsberechtigung in der modernen Seekriegsführung haben.